4. April 2020

Der Gothaer Gewerbeverein bleibt gefragt!

Peter Riecke
02.04.2020, 18:10

GOTHA. Informationsaustausch und praktische Hilfen. Denken an die Zeit nach der Krise

Andreas Dötsch, seit 2018 Vorsitzender des Gothaer Gewerbevereins und Inhaber eines Multimedia-Geschäftes in der Innenstadt, arbeitet nun auch im Home-Office. Es sei ein eigenartiges Gefühl gewesen, die Bildschirme mitzunehmen und den Laden in der Mönchelsstraße abzuschließen, ohne zu wissen, wann er wieder zu nutzen ist. Von zu Hause aus organisiert er nun auch die Arbeit des Vereins. Wir fragten, wie die Gewerbetreibenden mit der Situation umgehen.

Das Gewerbe liegt brach, wozu braucht es denn da noch einen Gewerbeverein?

Es braucht ihn offenbar mehr denn je. Das spüre ich an den vielen Anrufen, in der Regel immer in gut zweistelliger Zahl pro Tag, die mich und meine Vorstandskollegen erreichen. Kommuniziert wird auf allen Kanälen, über sogenannte soziale Netzwerke, per E-Mail und vor allem über die Homepage der Gothaer Gewerbevereins unter gewerbeverein-gotha.de. Dort halten wir Informationen über die Allgemeinverfügungen, Hinweise an Betriebe von den Wirtschaftsverbänden, Hinweise für Auszubildende und Prüflinge von der Industrie- und Handelskammer, rechtliche Hinweise und die Daten für die Einwahl zu unserer täglichen Telefonkonferenz bereit. Auch den hiesigen Abgeordneten des Bundestages, Tankred Schipanski, hatten wir bereits in einer solchen Telefonkonferenz dabei. Ich habe außerdem eine Video-Botschaft eingespielt. Ich hoffe, sie macht ein wenig Mut. Die Gewerbetreibenden mögen durchhalten.

Was kommt aus den Unternehmen jetzt bei Ihnen an?

Vor allem Fragen zu finanziellen Soforthilfen. Das geht so weit, dass wir die Anträge auszufüllen helfen, denn die meisten sind fachlich auf ihrem Gebiet gut, aber keine Bürokraten. Außerdem hat mancher infolge der Sorgen den Kopf nicht wirklich frei. Die Unternehmen vom kleinen inhabergeführten Geschäft bis zur Filiale großer Ketten rufen alle an oder melden sich online. Auch bei diesen Hinweisen lernen wir dazu. So stellte sich heraus, dass zu den vollständigen Anträgen auf Soforthilfe auch die 4-stellige Nummer des statistischen Bundesamts  gehört.
Verwirrung gab es ob der Geldgeber. Die Soforthilfe kommt vom Land und vom Bund, aber es soll nur ein Antrag gestellt werden. Insgesamt sind es dann maximal 9000 Euro.

Die Bedürftigkeit muss nachgewiesen werden und das Geld darf nicht für Privatentnahmen verwendet werden, sondern nur für die Aufrechterhaltung des Geschäftes. Wie lange die maximal 9000 Euro reichen, gerade für den inhabergeführten Einzelhandel, Werkstätten und andere von Verboten oder stark verringertem Kundenstrom Betroffene, wird sich zeigen. Es könnte knapp werden, denn viele Kosten laufen weiter. Der Bund geht wohl zurzeit von drei Monaten aus.

Was kann der Verein aktuell für die Selbstständigen tun?

Wir informieren über alles, was mit Wirtschaftsbezug vom Land und vom Bund kommt. Mit Stand Donnerstag, 2. April, haben wir 87 Soforthilfe-Anträge auszufüllen geholfen. Außerdem gibt es Beratung, wie das Geschäft auf online und Auslieferung umgestellt werden könnte.
Wir appellieren an die Politik, über den Verzicht auf Gebühren und Stundungen diverser Art nachzudenken. Wir appellieren an die Kundschaft, Käufe jetzt nicht online auszulösen, sondern möglichst damit zu warten, bis die Geschäfte wieder öffnen. Unverändert gilt dann der Vorteil der persönlichen Beratung und die Möglichkeit, die Waren vorher anzuschauen. Das erspart aufwendiges Zurücksenden bei Nichtgefallen. Wer belebte Innenstädte und Wettbewerb haben will, kann dies durch sein Einkaufsverhalten unterstützen.
Kleinunternehmer können jetzt auch Arbeitslosengeld II beantragen (auch Grundsicherung genannt), da spielen eigene Vermögenswerte in den ersten sechs Monaten eine geringere Rolle. Außerdem ist der Solo-Unternehmer dann krankenversichert.

Was hat bisher bei den Hilfsangeboten der öffentliche Hand nicht so gut geklappt?

Ich habe den Eindruck, die vielen verschiedenen Informationsquellen, auch bedingt durch das föderalistische System der Bundesrepublik, verwirren. So ging vor Wochen ein Verfügung umher, die aus Schleswig-Holstein stammte. Aber das wurde nicht hinzugefügt. Es gibt Unterschiede zwischen Thüringen und Bayern. In Bayern kann auch ein Nebenerwerbstätiger Hilfe beantragen. Das ist in Thüringen aktuell leider nicht möglich.
Soweit ich ein Feedback bekam, gab es eine Eingangsbestätigung durch Handwerkskammer oder Industrie- und Handelskammer und den Hinweis, ob der Antrag vollständig war. Fehlende Informationen konnten oft telefonisch ergänzt werden. Ich habe erfahren, das einige Antragsteller vom 24. März Geld bekommen haben. Ob es anderswo Verzögerungen gibt, ist mir nicht bekannt.

Wir sind unter 03621/3505028 zu erreichen.

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