14. Februar 2023

Einfache und regionale Küche stirbt im Kreis Gotha aus

GOTHA.  Es gibt immer weniger gutbürgerliche Gasthäuser im Landkreis und der Stadt Gotha. Die Bereitschaft sinkt, für den Wert des Essens zu bezahlen.

Ralf Ehrlich 

Die Gastronomie kommt bei den Teilnehmern unserer Umfrage nicht gut weg. Für das gastronomische Angebot gibt es im Kreis im Schnitt eine 3,8. Besser schneidet die Region Waltershausen, Bad Tabarz und Friedrichroda ab. Knapp unter dem Durchschnitt liegt Gotha, der übrige Landkreis wird schlechter bewertet.

„Das Angebot an Gaststätten ist sehr einseitig, überwiegend Italiener, kaum deutsche Küche“, schreibt ein Umfrageteilnehmer. Andere bemerken, dass es generell zu wenig Gaststätten gebe. Schaut man ins Gothaer Zentrum, finden sich zwei gutbürgerliche Lokalitäten. Dem gegenüber stehen fünf Italiener. Rechnet man Döner-Imbiss-Läden hinzu, ist die einheimische Küche stark unterrepräsentiert.

„Der Bedarf ist da, das Angebot könnte kommen“, schätzt Andreas Dötsch die Lage ein. Der Vorsitzende des Gothaer Gewerbevereins sagt, dass man sich an die eigene Nase fassen müsse, wenn man sieben Euro für Pasta ausgibt, aber 19,90 Euro für ein deutsches Gericht nicht bezahlen will. „So ist gutbürgerliche Küche wirtschaftlich nicht zu betreiben“, so Dötsch. Das Problem sei die Bereitschaft, für den Wert des Essens zu bezahlen. In den Kurorten stelle sich die gastronomische Situation besser dar.

Personalmangel und hohe Mieten machen Probleme

In einigen Dörfern sorge das gesellschaftliche Leben durch Vereine für eine andere Frequenz in Gaststätten. Diese seien oft Familienbetriebe mit niedrigeren Fixkosten, als sie in der Stadt fällig würden. Dötsch spielt auf die Mieten an und die Tatsache, dass einige Gaststätten auf dem Land auch Eigentum der Betreiber sind.

„Die Herausforderungen für Gaststätten werden immer größer“, so Dötsch weiter. Es gebe Probleme bei der Unternehmensnachfolge und dabei, Fachkräfte zu finden. „Wer arbeitet schon gern an Wochenenden und Feiertagen?“

Zuletzt schloss vor knapp einem Jahr ein bekanntes gutbürgerliches Gasthaus in Gotha. Der Grund der Gaststätte Lindenhof war Personalmangel. Wie zu hören ist, soll demnächst im Gothaer Zentrum eine weitere Gaststätte schließen, die gutbürgerliche Küche anbietet.

Olaf Seibicke, Direktor vom Hotel Lindenhof in Gotha und Vizepräsident der Thüringer Industrie- und Handelskammer (IHK) sieht es so: „In der Tat erleben wir gerade das Aussterben der einfachen und regionalen Küche in Thüringen. Durch altersbedingte Betreiberwechsel in kleineren Gasthöfen gehen neben den Objekten auch die Rezepte, die Zubereitungsarten und die Traditionen verloren.“

Junge Köche verschrieben sich heute immer öfter der internationalen und mediterranen Küche. Dabei seien gerade die Gerichte aus der Kindheit erinnerungsstiftend und bewahrenswert. Regionales Essen sei auch ein touristischer Reisegrund, der unterschätzt werde.

„Die Bratwurst ist ein Food to go. Ich versuche mich seit zwei Jahren für den Erhalt eines Thüringer Nationalgerichtes, wie die Roulade mit Klößen, einzusetzen. Eine lohnenswerte Aufgabe, für die ich sehr hoffe, noch weitere Mitstreiter zu finden“, so Seibicke weiter. Es gebe kaum etwas Besseres und Nachhaltigeres, als regionale Produkte anzubieten und auch saisonal zu verarbeiten.

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