6. September 2022

Stellungnahme „Verweildauer / Attraktivität Innenstadt – Stärke/ Schwäche – Bedarf“ Gothas Innenstadt

Werter Bürgermeister Zillmann, gern möchten wir Ihrer Bitte nach einer Sentiment-Analyse „Verweildauer / Attraktivität Innenstadt – Stärke/ Schwäche – Bedarf“, nachkommen.  Für auftretenden Fragen stehen wir Ihnen, wie gehabt, jederzeit zur Verfügung.Gotha ist eine Stadt mit wahnsinnig viel Potenzial, manches hier noch unausgeschöpft, anderes aber recht gut in der Entwicklung.

Vorwort:  Von besonderer Relevanz Gothas als Handelsstandort ist aus Besucherwahrnehmung, das anzutreffende Angebot, die Attraktivität und Aktivität der Verweilqualität in der Stadt. Dazu zählt nicht nur das Einzelhandelsangebot, sondern auch Freizeitangebote, Gastronomie etc..

Ergänzt um Services, die wahlweise die Inanspruchnahme des Angebots vereinfachen oder die Inspiration, Emotionalisierung und Involvierung der Besucher zum Ziel haben, wird ein Standort je nach Besuchergruppe als mehr oder weniger attraktiv wahrgenommen. Stetiges Ziel um den ansässigen Handel zu stärken, ist eben die Erwirkung der erwünschten Attraktivität und Verweildauer und letztendlich die Steigerung des Warenbons, denn Ambiente und Flair für höheren Wohlfühlfaktor, Architektur, Grünflächen, Stadtmöblierung sowie die lokale Anmutung, wirken bei unseren Besuchern im Sinne der Standortattraktivität. Hieran zu arbeiten, haben wir uns zusammen vorgenommen.

In unserer Gothaer City hat sich in den letzten Jahren viel getan. Nicht zuletzt, dass Verwaltung und Stadtrat sich durch intensivierten Dialog mit ansässigen Gewerben und Interessenvertretungen bewusst wurden,
dass es notwendig ist, Gothas Innenstadt zu beleben und durch gezielte Projekte neu zu formen und für die Zukunft aufzustellen. Aufgrund eines stetigen Miteinanders war die Notwendigkeit auch schon lange vor der Corona-Politik, welche als zusätzliche Belastung auf den Handel einwirkt, erkannt.

Ob z.B. durch das ISEK 2002 (FIRU), Zentrenkonzept für den Einzelhandel aus 2005, der Fortschreibung aus 2010 (GMA) und aktuell 2022 (BBE) oder z.B. die Image-Analyse für die Stadt Gotha, durch die KulTourStadt Gotha GmbH, in Kooperation mit der Universität Erfurt.  Auch die langersehnte Installation eines Citymanagements, mit direktem Zugang in der Innenstadt und die Aufstockung des Budgets tragen dazu bei, dass die Verwaltung intensiver am innerstädtischen Puls arbeitet und gemeinsam mit weiteren Akteuren und Multiplikatoren, sowie verschiedenen umzusetzenden Aktionen, einem Negativtrend entgegenwirkt.

Dafür an dieser Stelle vorab ein DANKE!

Es ist der Stadt Gotha in den letzten Jahren gelungen, die Attraktivität des historischen Kerns zu verbessern. Lückenbebauung und Sanierung, Letzteres erst kürzlich um den Hauptmarkt, mit rund 10 Millionen € Investition.
Hier ist unsererseits zu erwähnen, dass wir nie eine intensivere Einbindung ansässiger Gewerbebetriebe, Anwohner und uns als Interessenvertretung empfunden haben, wie bei diesem langwierigen Projekt. Ob bei Veranstaltungen zur Ankündigung, bei regelmäßigen Baustellenstammtischen, oder als Gewerbeverein bei turnusmäßigen Koordinationstreffen. Bürgerbeteiligung gab es gewiss schon länger, aber was den Hauptmarkt anging, wurde sie viel präsenter gelebt. Wir würden uns auch wünschen, dass derartige Gremien durch den Bürger, auf konstruktive Weise, viel häufiger genutzt werden. Zumindest was die regelmäßigen Begleitstammtische betraf, hielt sich das öffentliche Interesse noch sehr in Grenzen. Dabei ist es immer wichtig, präventiv und begleitend in Dialog zu gehen. Aber hier sind wir wohl auf einem guten Weg.

Neumarkt: Den Bedarf einer Umgestaltung trägt nun noch der Neumarkt, welcher von vielen Gothaern und Gästen als „Exerzierplatz“ wahrgenommen wird. Der Neumarkt bietet wahnsinnig viel Potenzial, da er eine Fläche ist, welche durch Einzelhandel und Gastronomie, eingefasst ist. Es ist unserer Meinung nach darauf zu achten, dass der Neumarkt, aufgrund der Umgestaltung und Restauration des Hauptmarkts, nicht seine Funktion und Daseinsberechtigung als mögliche Event- und Handelsfläche, verliert. Aktuell gelingt es durch verschiedene Aktivitäten, wie in 2022 die Feierabendmärkte, der dortigen Fläche Seele und Charakter zu geben. Langfristig wünschen wir uns auch hier eine Umgestaltung auf Niveau des Hauptmarktes  / Sitzmobiliar & Begrünung und vor allem Veränderung bezüglich des Brunnens. Gegebenenfalls sollte man auch über eine  bedarfsgerechte Umgestaltung des städtischen Pavillons (aktuell: Eiscafé Weinbar) nachdenken. Das Interesse des Betreibers wäre laut eigener Auskunft hoch, das Mietverhältnis im Zuge eine gastronomischen Aufwertung und Investition, zu verlängern.

Ein lebendiger Neumarkt ist, auch als Zubringer für die Erfurter Straße, existenziell wichtig

Buttermarkt/Hünersdorfstraße: Der Buttermarkt rund um die Hünersdorfstraße, ist ebenso ein Areal mit wahnsinnig viel Potenzial. In den letzten Monaten kehrte das nötige Sitzmobiliar zurück, was wir sehr begrüßen. An dieser Stelle können wir uns auch eine Installation zur Beschäftigung von Kindern (Spielplatz / Aktivitätsfläche) gut vorstellen. Ideen hierzu wurden auch schon oft in verschiedenen Gremien und über unterschiedliche Stadtratsfraktionen & -vertreter, eingebracht. Selbstverständlich sollten hierfür noch weitere mögliche Standorte geprüft werden.

Den Buttermarkt betrachten wir gern als „Krämer-Brücke“ Gothas, da er einen wahnsinnigen Charme besitzt, welchen eine Außenbelebung- & Bewirtschaftung durch die ansässigen Gewerbetreibenden und Gastronomen, eben zugunsten des Verweilcharakter fördert und wir uns für die gesamte Innenstadt wünschen. Wir sprechen hier oft von der Unternehmerinnenstraße, da die Unternehmerinnen den Buttermarkt, bis auf wenige Ausnahmen, dominieren. Über eine gestalterische Teilüberspannung (Kunst-Dach) der Hünersdorfstraße, sollte auf Wunsch ansässiger Gewerbetreibenden, nachgedacht werden. Das Ganze könnte sich an den Installationen der Erfurter „Krämer-Brücke“ orientieren. Gemeinsam mit den ansässigen Gewerbetreibenden, den Immobilienbesitzern und mit Unterstützung durch Frau Ernst, Stadtverwaltung Gotha –  Stadtentwicklungsamt, sollte die Möglichkeit geprüft werden.

Auf dem Buttermarkt und vielen weiteren Stellen der Innenstadt gilt es noch mehr Synergie unter den Gewerbetreibenden und Ihren verschiedenen Aktionen zu binden. Das Miteinander zu stärken, sehen wir als unsere Aufgabe an und bleiben hier, gewiss auch mit der Unterstützung durch das Citymanagement, am Ball.  Um eine Zirkulation des Lieferverkehrs und der Wahrnehmung als Wendehammer in der zugelassenen Lieferzeit entgegenzuwirken, empfehlen wir, nach Fertigstellung der neuralgischen E-Poller, die Bepollerung in Höhe „Verwebtes“, auf wirkliche Notwendigkeit, zu prüfen.  Eine mögliche Ausfahrt, auch in Richtung Jüdenstraße, sehen wir als notwendig und effektiver an.

Ganz wichtig ist uns auch die Funktion des Wasserlaufs auf dem Buttermarkt. Im Moment ist dieser außer Betrieb.
Der Wasserlauf belebt nicht nur das Stadtbild, sondern ist auch ein beliebter, schattiger Treffpunkt für Einheimische und Touristen. Zudem wirkt sich der Platz positiv auf das Klima aus.

Hauptmarkt: Der Hauptmarkt, einst ein „sehr historischer Platz“ im Antlitz, hat seine unebenen Inseln, mit Boden-  und Pflasterschäden, sowie Kurzzeitparkarealen links- und rechtsseitig, in eine Marktfläche, weiterhin in historischer Anmut, jedoch ohne Parkzone, verwandelt. Der Anfang mit Sitzmobiliar um die Bäume herum, sowie die Zurverfügungstellung der aktuell befreiter Sondernutzungsfläche von Fußweg und Inseln, ermöglichen den ansässigen Gewerben, ihren Beitrag zur Belebung zu erbringen. Wir wünschen uns, dass die Stadtverwaltung weiterhin an der Absicht festhält, hier ergänzendes Mobiliar, unterhalb der Pferdetränke, anzuschaffen. Besonders in den Sommer- und warmen Herbstmonaten sehen wir hier die Notwendigkeit, die Idee des Pop-up-Parks umzusetzen. Eine weniger erfolgreiche Ausschreibung hierzu läuft aktuell. Gegebenenfalls macht es Sinn, hier auf fertige Module aus einem Katalog von Mobiliar zu wählen, was im Nachgang individualisiert und angepasst wird. Dies bestätigt auch das Feedback diverser auf Citymobiliar spezialisierter Firmen, welchen wir die Ausschreibung vorgelegt haben. Die Antworten liegen uns vor und wir stellen sie der Stadtverwaltung gern zur Verfügung.

Anmerkung: In Bezug auf die Sondernutzung, würden wir uns die Fortführung der Befreiung, auch für 2023, wünschen.

Ein mögliches Potenzial des oberen Hauptmarkts als Veranstaltungs- & Eventfläche erlebten wir am Beispiel des „GothaSÜR-Sommers“ der KulTourStadt Gotha. Mit wenigem Aufwand, lediglich mobilen Podesten für den Act, GothaSÜR-Liegestühlen und Kistentischen, wurde diese Fläche donnerstags zur Kultur- & Erlebnisfläche.
Anfangs noch etwas holprig, haben die ansässigen Gastronomen dann recht schnell das Potenzial erkannt und eigene Aktivitäten und Angebote um die Events formiert. Eine Wiederholung über 2023 hinaus, ist aus unserer Sicht zu empfehlen, dann werden auch die ansässigen Händler in diesem Zusammenhang bald mitziehen.

Wir empfehlen die weitere Stärkung der Marke „GothaSÜR“, Fortführung und Ausbau des kulturellen GothaSÜR-Sommers 2023 auf dem Haupmarkt und die Feierabend- und Themenmärkte auf weiteren Flächen!

Eine ähnliche Entwicklung dieses Areals wünschen wir uns auch für den Weihnachtsmarkt, welcher auf dieser Fläche in wenigen Wochen stattfinden soll. Hoffen wir, dass das obligatorische „Licht an“ hier trotz  Energiesparpaket, doch noch in 2022 frei gelenkt wird.

Inwieweit die, in die Cranach-Straße verlegten, Besucherparkplätze und die Bepollerung Einfluss auf das Handelsgeschehen am Hauptmarkt und den weiteren Handelsflächen nehmen, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht valide aussagen. Natürlich bedarf es einer Zeit der Gewöhnung und Organisation eigener Strukturen auf seiten der Gewerbe und wir bitten hier um Geduld. Ob der gegenwärtige massive Kaufkrafteinbruch nun durch eine angekündigte Einschränkung der Befahrbarkeit und Bepollerung, oder die zusätzliche angespannte Situation um Pandemie und Ukraine-Krise ausgelöst wird, lässt sich aktuell kaum verbindlich erkennen. Fest steht, dass die aktuelle Situation sehr bedrohlich für Gothas Innenstadt und den heimischen Handel ist. – Im Zuge der „Absichtserklärung zur Umsetzung des Handlungsleitfadens zur Belebung der Innenstadt Gothas“, werden wir uns zur gegebenen Zeit zum Gespräch und möglichem Korrektivdialog, melden.

Wie aber mit dem Oberbürgermeister bereits besprochen, sehen wir die Zusage als absolut verbindlich unsererseits und indiskutabel an, dass mit Fertigstellung der E-Bepollerung, die statischen Poller in Höhe Blumenkavalier wieder verschwinden. Um das Pendeln des Lieferverkehrs und der Anwohner / Anlieger, innerhalb der zulässigen Einfahrtzeit, gerade in Zeiten von Energieeinsparungsbedarf und Nachhaltigkeitstrend, auf kürzestem Weg zu ermöglichen, ist hier die dringende Notwendigkeit gegeben,

Ebenfalls möchten wir bereits jetzt proaktiv anmerken, dass das Gros der Handelskollegen massive Probleme mit der Einschränkung der Befahrbarkeit des Lieferverkehrs ab 10.00 Uhr sieht und um die zukünftige Diskussion einer Abänderung zurück auf 11.00 Uhr bittet. Aber auch hier gilt, dass die Einschränkung in Umsetzung vollends erst ab/seit 01.09. gilt und ein valider Tenor erst später eingeholt werden kann. – Wir bleiben dran.

Der untere Hauptmarkt hat sich ebenfalls gut entwickelt, die Bestuhlung/ Betischung der Insel, die festen Schirmhülsen und die Nutzung der Potenzialfläche für Gastronomie durch das Restaurant Ratskeller und der Konditorei Junghans, sehen wir als Fortschritt an. Die neuen GothaSÜR-Palmen, ergänzend zum Bestand, werden durch Touristen und Gäste oft als mediterrane Fotokulisse genutzt. – An dieser Kulisse, sollten wir dringend gemeinsam weiterarbeiten.

Hinweis: Für den Erfolg des GothaSÜR-Sommers, unserer Palmenspendenaktion und der Feierabendmärkte, sehen wir hauptsächlich die Arbeit der KulTourStadt Gotha und des Citymanagements, um den „GothaSÜR – Urlaub in Gotha“-Claim verantwortlich. Überhaupt ist das Verständnis um die Unterstützung der Innenstadt und das Zusammenarbeiten von Gewerbeverein, KulTourStadt und Citymanagement, bezeichnend. Der Erfolg klingt weit über den Landkreis hinaus, dass wir als „Marketingdreiklang“ viele Anfragen von befreundeten Kommunen, rund um unsere Aktivitäten, genießen. Im Städtenetzwerk sind wir aktiv, um jederzeit neue Impulse und Best-Practice-Beispiele untereinander auszutauschen und umzusetzen. Danke an unsere beiden Partner an dieser Stelle, vom Gewerbeverein Gotha e.V..

Pfortenstraße: Zurück zur Verweilqualität und – dauer:  Die Ergänzung der Ampelanlage Gartenstraße, zugunsten der Überführung Pfortenstraße, sehen wir als validen Erfolg. Hier zeigt sich, dass Überzeugung und Hartnäckigkeit goldrichtig waren. Ein dort ansässiger Salon spricht von 60 % mehr Laufkundschaft, die REWE Gartenstraße seitdem sogar von 6 % Umsatzsteigerung.

Anmerkung: Im Vergleich zu anderen Städten unserer Größe, ist die Leerstandsproblematik Gothas längst nicht so prekär. Dennoch müssen auch wir uns Gedanken für die Zukunft von Jüden- und Erfurter Straße machen.

Erfurter Straße, Arnoldiplatz: Laut Dialog mit Wirtschaftsförderung und Citymanagement, sowie eigener Feststellungen, ist der Leerstand der Erfurter Straße, aber auch Gewerbeflächen anderenorts, weniger auf den Mangel an Mietinteressenten zurückzuführen, vielmehr macht uns hier der Reparaturstau der Geschäftsimmobilien & -räume, sorgen. Der Status quo, verbunden mit Quadratmeterpreisen adäquat zur Stadt Erfurt, gestaltet eine gelungene Vermarktung der Potenziale dort, eher schwierig. Ein Verlust der Kaufhäuser Moses und/oder C&A, wären der endgültige Todesstoß für dieses Areal und darüber hinaus für diesen Teil der City. Mit den Betreibern sind wir im stetigen Dialog und wir möchten die Verwaltung anhalten, alles Mögliche für den Erhalt dieser Magneten, innerhalb der kommunalen Machbarkeit, auszuschöpfen. Was den Erhalt des Kaufhaus Moses angeht, gibt es seitens der Geschäftsleitung, konkrete Visionen und Ziele zur zukünftigen Nutzung als Erlebniskaufhaus und – center. Hier sollte der Dialog und die Unterstützung dringend vorangetrieben werden.

Der Arnoldiplatz, als Lage mittig von ÖPNV und City, als Tor zur Stadt, nutzt seine Potenziale nicht. Trotz Sitzmobiliar und sanierten Geschäftszeilen, kommt eine verlängerte Verweildauer hier kaum vor. Auch dies wirkt sich auf die Qualität der angrenzenden Geschäftslagen aus. Trotz allem ist der Arnoldiplatz neuralgisch wichtig, da er für die Nutzer des Mohrenparkplatzes und des ÖPNVs, ein Tor zur Innenstadt ist. – Gemeinsam mit der Stadtplanung und Beteiligung der ansässigen Gewerbetreibenden und Immobilienbesitzern, müssen hier noch Lösungsansätze erörtert werden.

Brühl: Auch der Brühl, als relativ enge, mehrfach gewundene Einkaufsstraße, birgt noch viel Potenzial. Wir haben den Eindruck, dass der Brühl oft zu Unrecht „vernachlässigt“ wird. Der Überweg in Richtung „Brühler Tor“ wird genutzt, schafft es aber trotzdem nicht, einen langfristigen kontinuierlichen, für Handel aber oft notwendigen, Besucherstrom zuzuführen. Daher liegt der Brühl oft im „Schatten“ anderer Marktflächen.  Das größte Potenzial, für Attraktivität und Verweildauer, sehen wir hier bei überwiegend gastronomischer Bewirtschaftung der Fläche, was zum kleinen Teil bereits geschieht. In dieser Richtung gab es auch schon Handelsempfehlungen seitens KulTourStadt Gotha GmbH / Stadtmarketing, gemeinsam mit der Stadtplanung sollte auch hier an der Umsetzung der Idee „Gastromeile“ gearbeitet werden. Diese Umsetzung setzt aber auch eine zwingende Anbindung an diverse kulturelle Veranstaltungen innerhalb der City, voraus.

Jüdenstraße: Abschließen wollen wir uns noch der Jüdenstraße widmen. Die ehemalige 1A-Lage, aus den 70/80 und 90ern hat sich, nicht zuletzt aufgrund veränderter Laufwege und fortschreitendem Reparaturstau, adäquat zur Erfurter Straße entwickelt. Der „Knochen-Effekt“, welcher einst eine „Pendelwirkung“ zwischen Kaufland und Kaufhaus Kressner / Adler unterstützen sollte, sorgt hier für eine städtebauliche Kastration von Jüdenstraße und oberen Hauptmarkt. Einzig die Müller-Drogerie ist hier noch als Magnet zu betrachten, den Ansatz der Belebung mittels Jugendherberge, verfolgen wir wohlwollend.  Allerdings sind wir der Auffassung, dass der Rückbau des Überwegs Gadolla-Straße-Hützelsgasse zu einer Nutzungssteigerung um den Übergang Liebetraustraße-Jüdenstraße führen würde. Immerhin sprechen wir hier von nur knappen 90 Metern, welche den Kundenstrom durch die Jüdenstraße führen würde und das Areal in Frequenz und Folge, wieder massiv aufwerten.
Ein Korrektiv, was unserer Auffassung nach so simpel wäre, dass gewiss einfach noch keiner dies in Erwägung gezogen hat.  Gern möchten wir durch Stadtverwaltung und Stadtplanung eine Prüfung der Machbarkeit anstoßen. Letztendlich käme eine erhöhte Frequenz in der Jüdenstraße, vor allem dem oberen Hauptmarkt, der „Guten Stube“ zugute, was wiederum der innerstädtischen Gesamtbelebung gut stände.

Sicherheit / Sauberkeit / Service: Eine höhere Verweildauer und -qualität in den Abendstunden muss durch verschiedene Faktoren angegangen werden. Zuerst muss seitens Handel, verbindliche Kernöffnungszeit der Geschäfte, durch die Gastronomen eine verbindliche Öffnungszeit in den Abend angestrebt werden. Hier sehen selbst wir einen dringenden Bedarf und stehen mit den Kollegen im Austausch, nicht zuletzt mit massiver Unterstützung des Citymanagements. Aber auch am subjektiven Sicherheitsgefühl muss gearbeitet werden. Mehr Präsenz an OVDKs und der Polizei, auch über die Dämmerungszeiten hinaus, werden dringend notwendig. Hier muss sich Stadt und Verwaltung mittelfristig etwas einfallen lassen. Diebstahl, bis hin zu Gewalttaten nehmen zu, wobei dies kein Gothaer Trend ist. Trotzdem kommen nur Gäste, wenn sie sich auch sicher und aufgehoben fühlen. Erste Dialoge dazu, wurden durch Verwaltung und Gewerbeverein, bereits im August 2022 geführt.

Gemeinsam mit der Stadt Gotha wollen wir uns um eine Kampagne bemühen, welche die Zivilcourage und Bereitschaft zur Anzeige fördert.  Ein verbessertes Anzeigeverhalten kann zur Sensibilisierung sowie einem langfristig angepassten Personalschlüssel bei der Polizei und Ordnungsbehörde führen. Präsenz hilft, Täter zu überführen und potenzielle Täter abzuschrecken.  – So können wir dann den Weg zu einer sicheren, attraktiveren City gehen.

Immer wieder werden wir von Kollegen und Bürgern auf die Sauberkeit angesprochen. Wer sich mit offenen Augen über Jüdenstraße, Anrainerstraßen der Innenstadt, wie der Waisengasse, aber auch an vielen Stellen der Märkte bewegt, erkennt hier noch Defizite. Manche Dinge können von der Stadtverwaltung gewiss nicht unmittelbar gelöst werden, das ist verständlich. Verunreinigungen auf Privatgrundstücken / Baulücken, beschmutzte Fassaden, hier gibt es noch einiges zu tun. Seit Monaten thematisieren wir intern das Zurückkehren des Taubenproblems in der City, gerade die pandemiebedingte Beruhigung 2020/21, scheint der Vermehrung der Stadttauben in die Karten gespielt zu haben. Das illegale Füttern schafft eine stete Vermehrung mit festen Brutplätzen, Beispielsweise im Bereich der Waisengasse. In den letzten Wochen kam es dadurch vermehrt zu Kadavern im Innenstadtbereich. – Hier muss, auch zum Schutz der Bausubstanz dringend etwas geschehen.

Weiterhin wird von Touristen und Kunden angesprochen, dass es zu wenig Abfallbehälterstationen in der City gäbe, sodass vorhandene Stellen oft überfüllt wären. Daher ist es notwendig, zugunsten der Attraktivität und Verweildauer, hier in Menge auszubauen, oder die Entleerungsfrequenz zu erhöhen.

Ein weiteres Problem stellt sich in Verbindung mit dem lokalen Fahrradtourismus dar.  Auch hier erhalten wir das überwiegende Feedback, dass öffentliche Fahrradständer kaum wahrgenommen werden. Sei es die Anzahl der Möglichkeiten, Form und Aussehen der Installation, oder die Ausweisung und Beschilderung der Standplätze. – Hier bitten wir um Überprüfung.

Gastronomie: Auch das gastronomische Angebot dürfen wir nicht außer Acht lassen! Die oft aufgeführte fehlende „Deutsche Küche“, führen wir auf ein fehlendes gesellschaftliches Wertegefühl für Handarbeit und Qualität zurück. Die fehlende Bereitschaft für eine Mahlzeit mehr als 7.00.-10.00 Euro auszugeben, führt  vermehrt zu einer Entscheidung zugunsten Pizza/Pasta beim Italiener oder Döner. Das „Schweineschnitzel mit Bratkartoffeln“, gefertigt vom deutschen Koch, bezahlt nach Mindestlohnanforderungen, für einen EP von 20.00 bis 25.00 Euro, genießt leider kaum noch Akzeptanz. Wir bedauern dies! Hier setzen wir in der City neben der Weinschenke auf eine gute Entwicklung der Küchenspeisekultur des „Schönes Leben“ Residenz – Restaurants oder des Pagenhauses.

E-Roller: Auch ein paar Anmerkungen zum Projekt „E-Roller“ dürfen wir liefern. Wir sind überwiegend der Auffassung, dass diese Art von Fortbewegungstrend für Gotha keine Probleme löst, sondern eher Probleme schafft. An allen Ecken liegen die Vehikel, blockieren Fußwege von Straßenzeilen, welche aufgrund extra abgesenkter Bordsteine, eigentlich barrierearm sein sollten. Die App um den Anbieter BIRD lässt Sperrzonen zu, wo das Auschecken und Bezahlen/Abrechnen nicht möglich ist. Wir empfehlen der Stadt hier zu prüfen, ob man diesen Sperrbereich nicht in Gänze invertiert und in Folge einzelne Teilbereiche für ein Abstellen freigibt. Derzeit werden außerdem keine Roller im Innenstadtbereich angezeigt, der technische Support ist auf Nachfrage derzeit nicht erreichbar.

ÖPNV: Für den Nahverkehrsplan des Landkreises wurde die Idee der Hauptmarkthaltestelle eingebracht. Nach Rückfrage bei der dort ansässigen Wirtschaftsförderung wurde uns die Berücksichtigung seitens Kreistag, bestätigt. Hier wäre nun die Stadt Gotha in der Pflicht, alles Weitere, wie zum Beispiel die entsprechende Haltestelle, zu planen und umzusetzen. Auch diese Umsetzung, oberhalb der Pferdetränke, möchten wir dringend anstoßen. Wir erhoffen uns hier eine höhere Frequentierung durch Kundschaft und Tagestouristen, welche von außerhalb liegenden Parkplätzen, in die City geholt werden.

City-WLAN: Aktuell arbeitet das Citymanagement in Verbindung mit der Wirtschaftsförderung an einem City-WLAN. Erste Hotspots sind um den Hauptmarkt gesetzt, zur Funktion können wir aktuell noch nichts sagen. Wir sehen den Ausbau nach wie vor als notwendig an. Unser Fokus liegt hierbei nicht bei der Versorgung von Kunden und Touristen mit Internet, sondern eine märkteübergreifenden Datenverbindung, für zukünftige Analysemöglichkeiten, z.B. Besucherfrequenz, für Audio- und Bildübertragung, wie z.B. einem Cityfunk. Also Innenstadt 2.0., ganz im Sinne der notwendigen Digitalisierung. Ein Bewerb im öffentlichen Raum sollte trotz allem die Nutzung durch Besucher und Kunden anregen.

Schloss Friedenstein: Zeitnah muss durch alle innerstädtischen Akteure, eine Brücke zum Schloss und den Stiftungen geschlagen werden. Es ist noch nicht gelungen, das wahnsinnige Potenzial aus Kunst & Kultur oberhalb Herzog Ernsts, mit den innerstädtischen Aktivitäten in Einklang zu bringen. Gemeinsam sollte hier dringend ein Dialog gestartet werden. Es reicht eben nicht, sich ausschließlich auf verschiedene Veranstaltungstermine abzustimmen, sondern mit kreativem Verstand und festem Wille Synergien zu schaffen, weshalb zeitnah konkrete Ideen und ein Maßnahmenkatalog auf den Tisch müssen. Gerade auch, weil Kunst & Kultur zukünftig ein fester Bestandteil der Innenstadt sein wird. Hier würden wir uns eine konstruktive städtische Moderation wünschen.

Auch wenn wir z.B. die letzte Shoppingnacht von 02.09.2022 als Erfolg werten, ist es um so ärgerlicher, dass fast 3000 Besucher auf dem Schlossplatz gebunden waren. – Eine Anpassung des Konzertbeginns um 18.00 Uhr, hätte beispielsweise die Möglichkeit geboten, dass beide Veranstaltungen partizipieren. Noch dazu, dass die Shoppingnacht eine feste Gothaer Instanz ist.

Fazit: Alles in allem lässt sich zusammenfassen, dass man mit einem Zentrenkonzept und jeder Menge Mut zur aktiven Arbeit an der City, durch verschiedenste Akteure, auf gutem Weg ist. Einiges ist in der Umsetzung zur „City mit Herz, Attraktivität und Verweildauer“, bereits gelungen.

Trotz vielem Engagement aller Akteure ist für unseren lokalen Handel und die Gastronomie, dies bisher jedoch kaum wirtschaftlich wahrnehmbar. Ein verändertes, vor allem stagnierendes Kaufverhalten wird uns noch eine lange Zeit beschäftigen.  Eine Tatsache, welche aus unserer Sicht auf Einflüsse wie Digitalisierung des Handels, Corona-Pandemie und finanziellen Einschränkungen im Rahmen der Ukraine-Krise zurückzuführen ist. Aber auch ein Trend, welcher sich schon vor Jahren zu entwickeln begann, durch aufgeführte Einflüsse jedoch beschleunigt wurde.

Gemeinsam müssen wir weiterhin an einer Weiterentwicklung der Verweilqualität in unserer Innenstadt arbeiten.

Alle Veränderungen stellen sich aktuell als Wagnis dar. Manch Wagnis hätten wir als Gewerbeverein vor 5 Jahren längst nicht so zielstrebig begleitet. Außergewöhnliche Situationen und Zeiten und komplett verändertes Kaufverhalten des Kunden, aus verschiedensten oben aufgeführten Gründen, macht ein gemeinsames Handeln allerdings zwingend notwendig. – Gotha hat das erkannt!

Was es bedarf, ist Sensibilität, Verständnis für eine gesunde Abwehrhaltung der Gewerbe (diese bangen um Ihre Existenz), stetiger Dialog und viel Überzeugungsarbeit, Augenhöhe und Schulterschluss zwischen Verwaltung und Gewerbebetrieben. Mehr Digitalisierung und Vereinfachung bei Formalitäten, was Anträge wie Sondernutzung und weitere Gewerbeangelegenheiten, sowie zwingenden Barriereabbau betrifft.

Wir alle brauchen eine lebendige, attraktive City zum Wohnen, Einkaufen, für Dienstleistungen, Kultur und als Begegnungsstätte. 

Veränderungen bereiten Sorgen, bergen aber auch Chancen! – Zusammen müssen wir alle Potenziale erkennen, bündeln und mit Nachdruck umsetzen.  – Es darf hier keine Zeit verloren werden!

Andreas Dötsch
i.A. Gewerbeverein Gotha e.V.

Allgemein, Gewerbeverein, Statements / Reden